Nachtrag: 01.02.2007

Während des Tagesordnungspunktes 11 bittet Herr Pohle: "...wenn’s auch nachträglich ist, dass über die erregte Auseinandersetzung auch Wortprotokoll geführt wird."

Es folgt die Abschrift vom Band:

Frau Wehlan:

"Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Frau Bürgermeisterin, ich hatte mich an die Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung gewandt, mit der Bitte, eine persönliche Erklärung abgeben zu dürfen auf der Stadtverordnetenversammlung am heutigen Tag zu einem Sachverhalt der am 03. Januar 2007 die Öffentlichkeit erlangte im Rahmen eines Interviews mit der Bürgermeisterin und dort getätigten Aussagen zur Reflektion einer politischen Debatte. Diese persönliche Erklärung ist eingeordnet worden unter dem Punkt Anfragen von der Vorsitzenden der Stadtverordnetenversammlung und so im Rahmen der Tagesordnung beschlossen worden.

Ich bin seit 16 Jahren in der Stadtverordnetenversammlung Luckenwalde und seit eben dieser Zeit Fraktionsvorsitzende der PDS. In diesen Jahren habe ich noch nie die Form einer persönlichen Erklärung genutzt und meine Auffassung ist auch, in der politischen Auseinandersetzung kann und muss es zuweilen hitzig und streitbar zugehen, stehen doch verschiedene Standpunkte, Konzepte, ja und auch eine in der Natur der Sache begründete andere Sicht aus der ehrenamtlichen Arbeit heraus zur Diskussion.

Darüber hinaus agieren Menschen in ihrer Individualität und unterschiedlichen Emotionalität. Dass ich zum Mittel einer persönlichen Erklärung greife, hat mit Ihrem Interview Frau Bürgermeisterin vom 03. Januar 2007 in der Märkischen Allgemeinen Zeitung zu tun, mit Ihrer Einschätzung einer politischen Debatte zur Stellvertreterregelung und Arbeitsneuverteilung. Diese machten Sie dort fest an der Begrifflichkeit Gleichschaltung. Einem Begriff – ich zitiere: ‚der nationalsozialistisches Unrecht beschreibt’. Frau Herzog-von der Heide, einen solchen Zusammenhang herzustellen ist völlig abwegig, denunziert den politischen Konkurrenten und stellt den demokratischen Grundkonsens hier in dieser Stadtverordnetenversammlung in Frage.

Hätte Herr Höhne, hätte, Herr Höhne die politische Debatte auch nur ansatzweise den von Ihnen konstruierten Zusammenhang zugelassen, wäre es Ihre demokratische Pflicht gewesen, in der Debatte dagegen vorzugehen Das haben Sie wohlwissend um den Wortlaut der Debatte nicht getan und das durch die Stadtverordnetenversammlung bestätigte Protokoll lässt diesen Zusammenhang ebenso nicht zu. Auch deshalb bin ich bestürzt, dass Sie versuchen mit Ihrem Interview im nachhinein der Auseinandersetzung um Ihre Vorstellungen für die Stellvertreterregelung und Arbeitsneuverteilung in der Stadtverwaltung diesen politischen Stempel aufzudrücken. Das akzeptiere ich nicht und möchte Sie eindringlich auffordern, das richtig zu stellen. Und ich habe noch eine Bitte, Frau Herzog-von der Heide, die für eine Atem-, eine Denkpause. Reflektieren Sie Ihr Handeln doch einmal unter anderem Vorzeichen, nämlich so, als wenn die Linkspartei oder die CDU den Bürgermeister stellen würde und Sie Mitglied der Nichtbürgermeisterfraktion sein würden. Wären da nicht Positionen zur Beigeordnetenstelle, zur fehlenden Aufgabenkritik, zum Vergleich mit anderen Verwaltungsstrukturen, ja auch zum Personalentwicklungskonzept, Punkte, die einer Sachdebatte durchaus dienlich gewesen wären. Frau Herzog-von der Heide, es wird immer unterschiedliche Auffassungen geben, letztendlich liegt im Widerspruch die Entwicklungskraft begründet. Aber es verbietet sich, den Widerspruch zu denunzieren, nur wenn man zu den Sachargumenten eine andere Auffassung hat und sich mit diesen deshalb nicht auseinandersetzen will. Ich fordere Sie auf, Ihre Aussage zu dieser politischen Debatte im Interview zurück zu nehmen."

Frau Dr. Migulla:

"Frau Herzog, wollen Sie antworten?."

Frau Herzog-von der Heide:

"Ich habe das Interview nicht, eh, kann es Wort für Wort nicht aus meinem Kopf abrufen. Ich glaube aber nicht, dass ich in meiner Aussage den Ausdruck – Gleichschaltung – einer Person oder einer Fraktion zu geschrieben habe. Sie können mich korrigieren.

Ich kann aber betonen und das habe ich nicht zurückzunehmen, dass mich das in dieser Auseinandersetzung verletzt hat, sehr verletzt hat, dass mit solchen Vokabeln operiert wurde, egal von wem sie gekommen sind. Dass man Vorgänge, die, Sie haben das ganz zurecht gesagt, so und so bewerten kann, die kann man gut finden oder schlecht finden. Aber mit Ausdrücken besetzt und bezeichnet und Gleichschaltung hat für mich, das ist für mich ein feststehender Begriff, der also Entwicklungen kennzeichnet, die mit unserm Systems nichts im entferntesten zu tun haben und darüber habe ich mich verletzt gezeigt, losgelöst von wem sie gekommen sind."

Frau Dr. Migulla:

"Herr Pohle."

Herr Pohle:

"Daran anschließend fünf Sätze und dann eine Frage an Sie, Frau Herzog-von der Heide. Ich kann nicht sagen, dass ich sehr überrascht war, dass Sie in der MAZ vom 03.01.2007 erklärten, nicht mit so massiver Kritik gerechnet zu haben. Was mich jedoch über alle Maßen empört, war die Unterstellung, die Sie gegenüber Kritikerinnen und Kritikern und damit auch gegenüber mir geäußert haben. Ich zitiere noch mal, Sie sagten: ‚Dass dabei Vokabeln wie Gleichschaltung gefallen sind, hat mich verletzt.’ Frau Herzog-von der Heide, eine solche Aussage ist nie in der Stadtverordnetenversammlung gefallen, wie die Niederschrift und das Wortprotokoll zu meinen Darlegungen der 36. Stadtverordnetenversammlung vom 14.11.2006 eindeutig zeigt. Dass Sie dennoch und auch, auch und gerade wieder besseren Wissens Stadtverordneten Derartiges öffentlich unterstellen spricht Bände über Ihr politisches und persönliches Selbstverständnis und zeigt deutlich, wie sehr Sie eines politischen Korrektivs benötigen. Frau Herzog-von der Heide, ich frage Sie ganz dezidiert: Haben Sie mich damit gemeint?"

Frau Dr. Migulla:

"Frau Herzog."

Frau Herzog-von der Heide:

"Nein. Nein, ich habe Sie nicht damit gemeint. Nach meiner Erinnerung ist dieser Begriff auch nicht von Ihnen gefallen. Er ist gefallen, ich muss es noch mal sagen, er ist gefallen, ich kann jetzt nicht sagen, dass ich es Ihnen zuschreibe oder jemand anders. Und darüber zeige ich mich empört, und da werde ich mich auch nicht für entschuldigen. Ich habe auch, und dass ist noch mal deutlich gesagt in die Richtung eines anderen, ............. habe ich nicht Ihnen zugeschrieben und nicht Herrn Akuloff, nicht Frau Wehlan, Herrn Krüger, nicht Herrn Bärmann, aber das Wort ist gefallen."

Frau Dr. Migulla:

"Herr Höhne."

Herr Höhne:

"Das Wort ist gefallen, es war von einer Gleichschaltung oder einer gleichgeschalteten Verwaltung die Rede, ich habe das selbst in der Sitzung aufs schärfste kritisiert, dass mit solchen Begriffen gearbeitet wird und ich muss mich jetzt nicht äußern, wer das gewesen sein könnte. Ich finde es ein bisschen scheinheilig, dass die Mitglieder der PDS-Fraktion jetzt hier den Bogen aufziehen, mit persönlichen Erklärungen medienwirksam oder auch öffentlichkeitswirksam der Bürgermeisterin undemokratische Gesinnung vorzuwerfen. Wir haben diesen Begriff hier gehört in dieser Versammlung, es war fehlerhaft diesen Begriff zu verwenden, der Vorwurf war abscheulich und ich steh da heute noch dazu, ich werde auch noch mal selbst im Wortprotokoll nachlesen und im Protokoll der Sitzung nachlesen, ob mein Protest gegen die Verwendung des Begriffes auch ordnungsgemäß wiedergegeben worden ist. Denn was hier gerade abgezogen wird, erschließt sich von der Sache her überhaupt nicht. Hier wird persönlich gegen die Bürgermeisterin geschossen und das kann ich als Stadtverordneter dieser Stadt, als Bürger der Stadt einfach nicht mehr hinnehmen."

Frau Dr. Migulla:

"So. Frau Wehlan hat eine persönliche Erklärung abgegeben, die eigentlich gar nicht zu diskutieren ist. Wir sind im Punkt Anfragen. Herr Pohle hat hinführend eine Anfrage gestellt an Frau Bürgermeisterin. Frau Herzog-von der Heide hat diese Anfrage beantwortet aus ihrer Sicht."

Frau Herzog-von der Heide:

"Wie sonst."

Frau Dr. Migulla:

"Richtig, wie sonst. Ich denke das weitere Auslassungen zu diesem Thema mit gegenseitiger Schuldzuweisung völlig unangebracht sind. Ich denke, dass – Herr von der Heide: (zeigt Antrag zur Geschäftsordnung an)."

Herr von der Heide:

"Ja zur Geschäftsordnung. Es ist in der Geschäftsordnung nicht vorgesehen, in keiner Geschäftsordnung, dass man eine persönliche Erklärung zu einer Pressemitteilung abgibt. Eine persönliche Erklärung gibt man am Ende eines Tagesordnungspunktes ab, wenn ich recht die Geschäftsordnung erinnere. Wenn Sie schon zulassen, Frau Vorsitzende, dass in solch einer ungewöhnliche Weise eine persönliche Erklärung abgegeben wird, dann müssen Sie auch zulassen, dass es darauf ein Echo gibt. Und da möchte ich einfach noch mal ergänzen. Also ich bin wirklich überrascht und entsetzt, ich kann mir das vorstellen, dass solch ein Wort einem rausrutscht, dass Herr Pohle, ich hatte das Wort auch selbst gehört, das nicht so gemeint hat. Ich hätte dann als Inhalt dieser persönlichen Erklärung eigentlich erwartet, dass man sagt, ich habe das nicht so gemeint, ich möchte mich für diesen Begriff entschuldigen. Und dann den Spieß auch noch umzudrehen, ist wirklich die Höhe, kann ich nur sagen. Und ich möchte Sie bitten als Vorsitzende, in Zukunft darauf zu achten, dass solche Entgleisungen in dieser Stadtverordnetenversammlung nicht mehr vorkommen und dass sie geahndet werden."

 

- Herr Müller verlässt die Sitzung.

 

Frau Dr. Migulla:

"Also Herr von der Heide, dagegen verwehre ich mich aufs äußerste, wenn jemand an mich herantritt, mit einer schriftlichen Bitte: ‚Ich möchte eine persönliche Erklärung abgeben.’, egal welcher Fraktion er angehört, dann hat er auch die Möglichkeit. Wir haben vorhin darüber befunden, dass es keinen Extrapunkt gibt, dass also die Möglichkeit besteht, im Punkt Anfragen das zu machen. Jeder hat das Recht, wenn er unterstellt bekommt, er hätte faschistisches Wortmaterial verwendet, sich zu wehren. Genau wie Sie der Meinung sind, es sei jetzt umgekehrt worden. Das muss halt ausdiskutiert werden und jetzt haben wir es ausdiskutiert. Welche Konsequenzen der Einzelne daraus zieht, ist zunächst erst mal seine Sache. Aber es ist doch das Recht einer Abgeordneten oder eines Abgeordneten sich dazu zu bekennen, ich bin darüber sehr beleidigt, weil man mir so was unterstellt hat."

Herr Gruschka – Zwischenruf:

"Die Bürgermeisterin hats genauso gemacht und ist damit angeeckt."

Frau Dr. Migulla:

"Und dennoch hat der Stadtverordnete das Recht zu sagen, ich fühle mich da persönlich angegriffen, ich fühle mich auch als Stadtverordneter angegriffen, egal welcher Fraktion er angehört, das hat damit, dass ich dieser Fraktion angehöre, überhaupt nichts zu tun."

Herr von der Heide:

"Nur noch mal, ich meine dagegen habe ich gar nichts gegen diese persönliche Erklärung. Meine Bitte und das zur Geschäftsordnung an Sie, wenn hier ein Abgeordneter einen anderen Abgeordneten in Zukunft mit Nazibegriffen belegt und Gleichschaltung ist ein Nazibegriff, da kann mir einer erzählen was er will, ich hab auch schon ein paar Bücher gelesen in meinem Leben, dass so etwas gerügt wird, dass das von Ihrer Seite aus im Keim erstickt wird, dann sind solche persönlichen Erklärungen gar nicht notwendig. Ich finds eine Schande, dass solche Begriffe in dieser Stadtverordnetenversammlung gebraucht werden."

Herr Pohle:

"Da ich jetzt mehrfach von Herrn von der Heide und von Herrn Höhne bezichtigt wurde, einen solchen Begriff verwandt zu haben, verweise ich auf unsere Niederschrift der 36. Stadtverordnetenversammlung. Sie Frau Vorsitzende, haben während dieser Diskussion darauf Wert gelegt, dass hier ein Wortprotokoll geführt wird. Wenn Sie es wollen, wiederhole ich dieses Wortprotokoll Herr von der Heide und wenn Sie bei Ihrer Behauptung bleiben, dann kann ich Ihnen sagen, dass ich mit aller Konsequenz gegen Ihre Verunglimpfung antreten werde und auch mit rechtlichen Konsequenzen dagegen antreten werde."

Herr Höhne:

"Was ich bezeugen werde und beeide."

Frau Dr. Migullla:

"So, gibt es weitere Anfragen? Wir sind immer noch beim Punkt Anfragen."

Ende der Abschrift.